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Was Sie über KI im Online-Marketing wissen sollten – 3 – Resümee

Teil 3/3 - Über die Herausforderungen und Risiken beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Was die Zukunft bringen könnte.

Teil 3/3 – Über die Herausforderungen und Risiken beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Was die Zukunft bringen könnte.

Inhaltsverzeichnis

KI – Herausforderungen und Risiken

Als Trainingsmaterial für die Produktion von Bildern dient logischerweise eine Unmenge an Bildern und Grafiken, die von Menschen erstellt wurden. Die Künstler wurden allerdings dafür nicht entschädigt, obwohl etwa Grafiken im Stil von Banksy leicht selbst erstellt werden können. Die Website https://haveibeentrained.com/ unterstützt übrigens dabei herauszufinden, ob eigenes Material für das KI-Training eingesetzt wurde. Die Bildagentur Getty Images strengt gerade eine Klage gegen das Unternehmen Stability AI an, weil Bildmaterial ohne Erlaubnis als Trainingsmaterial für die Software Stable Diffusion eingesetzt worden sein soll.

Sie können und wollen genausowenig wie ich Kalt-Akquise am Telefon durchführen? In Zukunft könnten Personen bei Anrufen von Unbekannten wohl nicht mehr so einfach erkennen, ob sie es mit einem Menschen zu tun haben oder mit einer Anruf-Software. Nicht einmal bei einem längeren Gespräch. Das mag auch die Telefonkriminalität stark ansteigen lassen (Kinder bitten Eltern um Geld für eine Anschaffung, Versicherung teilt Änderung der Kontonummer mit, u.ä.)

„Da VALL-E Sprache unter Beibehaltung der Sprecheridentität synthetisieren kann, besteht die Gefahr, dass das Modell missbräuchlich verwendet wird, z. B. um die Stimmerkennung zu fälschen oder sich als ein bestimmter Sprecher auszugeben. Um solche Risiken zu minimieren, ist es möglich, ein Erkennungsmodell zu erstellen, mit dem sich feststellen lässt, ob ein Audioclip von VALL-E stammt.“

Microsoft, https://arxiv.org/pdf/2301.02111.pdf

Aber das sind nur Stiche ins Wespennest. Weitere wesentliche Herausforderungen in Listenform:

  • Es braucht Fachpersonal mit neuem Wissen (»Master of Prompt«, Daten-Analysten, etc.)
  • Die menschliche Kommunikation und der menschliche Bezug zwischen Unternehmen und Kunde darf nicht verloren gehen
  • Vorhandene Daten werden nicht optimal genutzt
  • KI muss stetig weiterentwickelt werden, das Verfolgen der Entwicklung ist zeitaufwändig
  • Es braucht eine große Datenmenge (große Masse an Kundendaten) zum Erzielen sinnvoller Ergebnisse
  • KI gleicht einem Blackbox-System, es fehlt an Transparenz. Eine Nachprüfbarkeit der entsprechenden Entscheidungen ist kaum gegeben. Die Entwicklung ethischerer und erklärbarer KI-Modelle ist unerlässlich.  
  • Menschen wollen und müssen wissen, ob sie es mit einem Menschen oder mit einem Bot zu tun haben
  • Die rechtskonformen Erhebung und Verarbeitung von Kundendaten ist wesentlich, der Datenschutz muss gewährleistet sein
  • Nicht alle Personen akzeptieren einen hohen Grad an Automatisierung und Individualisierung hinsichtlich Informationsversorgung (Werbung)
  • Aktuelle KI Texte sind zwar nett und korrekt geschrieben, der Informationsgehalt ist aber häufig zu gering. Texte müssen überarbeitet werden, was auch einen erheblichen Aufwand darstellen kann
  • Sexismus und Rassismus: Künstliche Intelligenz konnte beispielsweise in Kalifornien die Gesichter schwarzer Frauen besonders schlecht erfassen – ein Problem, das in der Strafverfolgung gefährlich werden kann. 

Der Bias

Woher könnten Sexismus und Rassismus in KI stammen? Die Systeme wurden lange Zeit überproportional mit Fotos weißer Personen trainiert und funktionierten deshalb bei Schwarzen weniger präzise. Und aufgrund der Trainings werden Frauen in AI-generierten Bildern ohne weitere Angabe überwiegend als jung und sexy dargestellt.

Es sind Menschen, die KI-Systemen die Daten bereit stellen, aus denen Algorithmen wiederum lernen. Damit sind es also Menschen, die in die Richtung weisen, in die sich KI verselbständigen soll, und der Mensch taugt nun mal nicht als objektiver Wegweiser.

https://www.innoq.com/de/articles/2022/01/ethik-und-kuenstliche-intelligenz/

Der Cybersecurity Experte David Ngure hat sich damit ausführlich in seinem Artikel Are AI-Generated Images Biased? beschäftigt und zeigt darin den deutlichen Bias bei der Erstellung von Bildern mit Menschen.

Künstliche Intelligenz benötigt Daten, um zu lernen, und gerade im Marketing sind das oft personenbezogene Daten. Für viele der potenziell nützlichsten und leistungsstärksten KI-Anwendungsfälle können das sehr sensible Daten wie Gesundheits- oder Finanzinformationen sein.

Midjourney: Straßenbild mit Robotern
Midjourney: Straßenbild mit Robotern

Zukunftsaussichten

Derzeit lassen sich Bilder auf Basis von Textangaben erstellen. Wenn die Rechnerkapazitäten es zulassen, werden wir wohl auch Videos oder ganze Spielfilme auf Basis von Script-Ideen oder ausgeschriebener Drehbücher erstellen können. Video-Werbung wird auch für kleine Unternehmen neue Dimensionen erreichen.

Die Kommunikation mit Kunden und Verbrauchern wird teilweise an Bots ausgelagert werden. Derzeit muss man solche Bots eher als Website-Navigation in Dialogform auffassen, später werden diese Bots eventuell schon Fragen korrekt beantworten oder gar Probleme lösen können.

Werbung wird mit wesentlich geringeren Streuverlusten ausgespielt werden. Aber Menschen suchen auch Abwechslung, die Bedeutung von Werbung in TV, Radio und Printmedien wird daher nicht weiter reduziert werden.

Das Erkennen von Spam-Mails wird zuverlässiger erfolgen. Umso wichtiger ist es dann, dass echte Newsletter relevanten Inhalt transportieren. Die Relevanz von Newsletter-Aussendungen wird steigen.

KI wird dabei helfen, bessere Geschäftsprognosen zu treffen. Dadurch kann eine wesentlich genauere Budgetierung vorgenommen werden.

Und AI wird zunehmend schöpferischer und emotionaler werden.

KI versus Suchmaschinen

Für Website-Betreiber:innen und Suchmaschinen kann es düster werden. Wenn Menschen sich Antworten von AI-Tools holen, werden auch gut gemachte und aufwändig recherchierte Blog-Beiträge wohl wesentlich weniger oft gelesen als bisher.

Dagegen spricht aber, dass ChatGPT kostenpflichtig werden wird, Google und andere Suchmaschinen hingegen kostenlos mit Werbung zur Verfügung stehen. Aber wie kann man Produkte über ChatGPT kaufen? Eher gar nicht. Damit zur guten Nachricht: Online-Shops wird es weiterhin geben, und Suchmaschinen werden unverändert zum Auffinden von Onlineshops genutzt werden.

Sie wollen Links? Nicht bei mir!

ChatGPT
ChatGPT und Onlineshops
ChatGPT und Onlineshops

Dafür spricht aber (leider), dass viele Antworten von KI-Tools als ausreichend wirken. Etliche Menschen werden sich mit diesen ersten Antworten wohl zufriedengeben werden. Fein wäre also aus Sicht von Content Publishern, wenn KI-Tools in Zukunft immer auch Links zu den Quellen angeben würden, auf denen man mehr erfahren kann.

AI in Google Suche
AI in der Google Suche

Google reagiert bereits auf diese Entwicklung, und stellte am 6.2.2023 das eigene AI-Tool Bard vor. Bard soll im Gegensatz zu ChatGPT auch aktuelle Informationen aus dem Web in die Antworten einfließen lassen.

Und es sollen in Kürze KI-generierte Antworten in die Suchergebnisse einfließen. wieder zum Leidwesen von Content Publishern, die um wertvollen Traffic umfallen können (und werden).

Das tritt aber vor allem auf, wenn es für Fragen keine eindeutige Antwort gibt. Die KI soll in solchen Fällen dann unterschiedliche Perspektiven in einfache Textpassagen zusammenfassen. Allerdings sollen – Danke, Google – Links zu weiterführenden Informationen angezeigt werden. Das wird aber sicher nicht verhindern, dass Websites in Zukunft wohl weniger Traffic von den Suchmaschinen erhalten werden, denn warum sollte man noch einen Link anklicken, wenn die Antwort bereits gegeben wurde?

GPT-4

Mittlerweile (April 2023) wurde GPT schon weiterentwickelt. Wir stehen nun bei GPT-4, das der Nachfolger des Sprachmodells ChatGPT ist. Die aktuelle Version von GPT-4 kann nun auch beispielsweise mit grafischenm Input arbeiten und Fragen zu Bildern beantworten. Es soll insgesamt genauer sein als dessen direkter Vorgänger GPT 3.5, auf dem auch ChatGPT basiert.

Sascha Lobo zeigt sich in seiner Kolumne im Spiegel beeindruckt.

Aber die dahinterstehenden Fähigkeiten werden in einer famos unbeholfenen Demonstration von GPT-4 für Entwickler durch einen Mitgründer von OpenAI klar. Er zeichnet die Skizze einer Website auf Papier, schreibt in eckige Klammern die Anweisungen für die darauf stehenden Inhalte, er lädt ein Foto davon hoch, und GPT-4 macht daraus eine funktionierende Website . Hatte ChatGPT bisher nur Ohren und einen Mund für Textarbeiten, hat es jetzt auch Augen und einen Beamer, um die Metaphorik komplett zu sprengen.

Eines der mächtigsten Instrumente der Menschheitsgeschichte
Eine Kolumne von Sascha Lobo

Aber Sascha Lobo zeigt sich durchaus optimistisch bezüglich der Nutzung von Künstlicher Intelligenz in der Gesellschaft.

Wenn alle Menschen in naher Zukunft einen künstlich intelligenten Assistenten haben, könnte der ihnen zeigen, wie sie Energie sparen. Ob KI auch geeignet ist, Putins mörderischen Krieg in den Griff zu bekommen, da bin ich weniger überzeugt. Aber bei vielen Krisen kann KI Probleme lindern, wenn nicht gar lösen. Ich möchte nicht die möglichen Probleme und Katastrophen leugnen – aber ich möchte mich nicht an Schwarzmalerei beteiligen, sondern an einem konstruktiven Umgang.

Interview in der Allgäuer Zeitung

Fazit

Der Einsatz von KI ist bereits jetzt aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Wesentliche Funktionen am Smartphone sind schon seit längerem erst durch KI möglich. Und das bedeutet, die Menschheit hat sich bereits daran gewöhnt. Unzählige Schüler lassen sich Hausübungen von AI Software schreiben, Menschen wenden sich für Kochrezepte an ChatGPT, Blog- und Social Media Beiträge stammen von KI-Tools.

Dieser hier nicht!

Im Online-Marketing wird es wohl unter Anwendung von KI-Systemen immer leichter werden, Streuverluste bei Werbung zu minimieren (was sich kostensenkend auswirkt), Inhalte und Medien zu erstellen, Automatisierungen einzuführen und die Kommunikation mit Kunden zu verbessern.

Ein Trafficverlust für Websites ist hingegen absehbar. Suchmaschinen werden noch mehr als bisher bereits zufriedenstellende Antworten liefern. Websites liefern dafür den Inhalt, fallen aber um den erwünschten Traffic um.

Es ist daher auch schon jetzt für Führungskräfte und viele Unternehmer unabdingbar, sich mit AI-Anwendungen auseinanderzusetzen, und über eine Anwendung im eigenen Bereich nachzudenken. Welche speziellen Geschäftsanwendungsfälle im Unternehmen könnten von riesigen Datenmengen profitieren, um bei alltäglichen Aufgaben mittels AI gut unterstützt zu werden? KI ist sehr gut darin, Muster zu erkennen. Aber nicht immer beruhen Muster auf Kausalität, manchmal ist es einfach nur Korrelation. Das einzuschätzen sollte weiterhin der menschlichen Urteilskraft obliegen.

Was meinen Sie dazu?

  • Teil 1 der Kurzserie beschäftigt sich mit den Grundlagen und der Funktionsweise von Künstlicher Intelligenz.
  • Teil 2 der Kurzserie beschäftigt sich mit der Einsatzmöglichkeit im Online-Marketing und listet einige Tools auf.
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Heinz Duschanek
Heinz Duschanek

Heinz Duschanek hat 2003 die Online-Marketing Agentur E-Werkstatt gegründet. Da er vorher auch beim Radio gearbeitet hatte (Radio CD International, Ö1, Ö3), freut er sich jetzt ganz besonders über die Richtung, die das Online-Marketing nimmt. Denn das liefert einen Vorwand dafür, viele elektrischen Geräte und Gadgets rund um Audio und Video anzuschaffen.

Daneben interessiert sich Heinz auch für Tango Argentino, Lindy Hop, Wing-Tsun, Boxen, (Jazz-/Blues-)Gitarre. Und er betreibt den Podcast "Cabeceo - Gespräche über den Tango Argentino" (cabeceo.at) sowie den Onlineshop shop.cabeceo.at.

Ein Kommentar

  1. Zum Thema »Gefahren durch KI« habe ich auch einen kleinen Exkurs in der Universität gehabt (was keinesfalls zur Abschreckung oder zum Runtermachen von KI im Allgemeinen dienen sollte, sondern lediglich zur Aufklärung).
    Da ging es um ein spezifisches Beispiel, wo eine Gesichtserkennungs-KI PoC nicht erkannte und daher Zugang verweigerte. Einfach, weil das Training speziell auf weiße Menschen ausgelegt war.

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