Widerrufsbutton

Neue Anforderung an Onlineshops – der »Widerrufsbutton«

Sie dachten, Ihr Onlineshop sei vollständig fertig umgesetzt? Dann haben Sie noch nicht vom neuen Widerrufsbutton gehört.

Und so begab es sich, dass die RICHTLINIE (EU) 2023/2673 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 22. November 2023 zur Änderung der Richtlinie 2011/83/EU in Bezug auf im Fernabsatz geschlossene Finanzdienstleistungsverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 2002/65/EG veröffentlicht wurde.

Sind Sie noch da, oder gedanklich schon abgedriftet?

Es geht um den Artikel 11a zum Thema Ausübung des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen, die über eine Online-Benutzeroberfläche geschlossen
werden:

(1) Bei Fernabsatzverträgen, die über eine Online-Benutzeroberfläche geschlossen werden, stellt der Unternehmer sicher, dass der Verbraucher den Vertrag auch widerrufen kann, indem er eine Widerrufsfunktion benutzt.

Die Widerrufsfunktion wird gut lesbar mit den Worten „Vertrag widerrufen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet. Die Widerrufsfunktion ist während der gesamten Widerrufsfrist durchgehend verfügbar.

Sie ist auf der Online-Benutzeroberfläche hervorgehoben platziert und für den Verbraucher leicht zugänglich.

(2) Die Widerrufsfunktion ermöglicht es dem Verbraucher, eine Online-Widerrufserklärung zu versenden, mit der der Unternehmer von der Entscheidung des Verbrauchers, den Vertrag zu widerrufen, in Kenntnis gesetzt wird.

Über diese Online-Widerrufserklärung kann der Verbraucher ohne Weiteres die folgenden Informationen bereitstellen oder bestätigen:
a) seinen Namen;
b) Angaben zur Identifizierung des Vertrags, den der Verbraucher widerrufen möchte;
c) Angaben zu dem elektronischen Kommunikationsmittel, mit dem dem Verbraucher die Eingangsbestätigung für den Widerruf übermittelt werden wird.

(3) Sobald der Verbraucher die Online-Widerrufserklärung gemäß Absatz 2 ausgefüllt hat, ermöglicht der Unternehmer dem Verbraucher, ihm diese Erklärung mittels einer Bestätigungsfunktion zu übermitteln.
Diese Bestätigungsfunktion wird gut lesbar und ausschließlich mit den Worten „Widerruf bestätigen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet.

(4) Sobald der Verbraucher die Bestätigungsfunktion aktiviert hat, übermittelt der Unternehmer dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger unverzüglich eine Eingangsbestätigung, die unter anderem den Inhalt der Widerrufserklärung sowie das Datum und die Uhrzeit ihres Eingangs enthält.

Da hat sich jemand etwas ausgedacht, das in Onlineshops einen ziemlichen Aufwand verursachen wird. Erfreulicherweise gilt zumindest E-Mail als dauerhafter Datenträger. Sie werden Ihre alten Disketten also doch nicht los.

Die Widerrufsfunktion

Wie war es vorher?

Der Verbraucher (Verbraucherinnen scheinen in der Richtlinie mitgemeint zu sein) sendet eine Mail oder postalisch ein Schreiben, in dem er den Widerruf zum Ausdruck bringt. Das Unternehmen reagiert darauf.

Wie soll es in Zukunft sein?

Die neue Lösung wird wohl ein komplexes Online-Formular werden, das im Onlineshop zur Verfügung stehen soll. Es ähnelt vermutlich dem Bestellformular mit einem kompletten Überblick über alle Produkte einer konkreten Bestellung. Nur dass eben damit nicht bestellt, sondern eine kürzliche Bestellung widerrufen wird.

Im Sprachgebrauch hat sich für diese Widerrufsfunktion mittlerweile der Begriff Widerrufsbutton etabliert, der – laut Richtlinie – die Beschriftung „Vertrag widerrufen“ haben soll. Allerdings ist ein Button ohne zugehöriges Formular wohl eher sinnlos in diesem Fall.

Die Probleme dabei

Die neue Anforderung an Onlineshops wirft einige Fragen auf, die eine deutsche Anwältin in ihrem Online-Artikel genauer beschreibt:

  • Wo genau soll der Widerrufsbutton wie und für wie lange bereitgehalten werden?
    Woher hat das Formular/der Button die Information, ob die Widerrufsfrist bereits verstrichen ist? Ist eine allgemeine Darstellung des Buttons, ohne weitere kundenspezifische Informationen, wie z. B. aus einem angelegten Kundenkonto, damit quasi unmöglich?
  • Steht demjenigen, der den Widerrufsbutton anklickt, das Widerrufsrecht überhaupt zu?
    Ist die widerrufende Person ein Verbraucher? Kann das Zeigen des Buttons ein freiwilliges Angebot zum Widerruf auch für Unternehmer darstellen? Oder darf es dann keine Bestellungen mehr als Gast geben, also ohne Eröffnung eines Kundenkontos?
  • Was, wenn nur ein Teil des Vertrages widerrufen werden soll?
    Wie kompliziert wird das Formular werden müssen? Wie wirken sich unterschiedliche Zeitpunkte des Eintreffens der Ware beim Verbraucher auf die Widerrufsfristen aus?

Der Umstellungsaufwand wird erheblich sein, und soll innerhalb von 30 Monaten nach Erlass der Richtlinie abgeschlossen sein, das wäre dann im Juni 2026. So stellen sich das die Autoren und Autorinnen der Richtlinie vor. 

Nutzer und Nutzerinnen der Plugins »Germanized« oder »German Market« für WooCommerce werden wohl mit einer Umsetzung durch die Plugin-Hersteller rechnen können. Noch haben sich die Hersteller dazu nicht geäußert.

Bitte starten Sie übrigens noch nicht gleich mit der Umsetzung, sondern warten Sie auf die entsprechende nationale Gesetzgebung. Auch wenn die WKO in Österreich schon zur Anpassung des Onlineshops rät, noch ohne das konkrete Gesetz zu kennen. Der Widerrufsbutton ist in Österreich daher noch nicht verpflichtend

Was soll das bringen?

Für Kunden und Kundinnen von Onlineshops soll es einfacher werden, einen Bestellvertrag zu widerrufen. Das ändert allerdings nichts daran, dass sie im Fall des Rücktritts vom Vertrag die Rücksendekosten selbst zahlen müssen, denn so handhaben das verständlicherweise die meisten Onlineshops echter Unternehmen.

Wer dagegen bei einem der chinesischen Fake-Shops bestellt, und entweder kein Produkt, ein falsches Produkt oder ein Produkt in äußerst schlechter Qualität erhalten hat, der bleibt weiterhin geschädigt. Rücksendeadressen in Hongkong führen zu derart hohen Versandkosten, dass man auf die Rücksendung verzichtet. Welches Problem hat dann der Widerrufsbutton gelöst?

Aber es ist zu befürchten, dass die Verpflichtung nicht an uns vorbeigehen wird. Wenn sie dennoch kommt, dann hoffentlich in einer etwas abgemilderten Form. Ich rechne damit, dass einige Onlineshops mit Qualitätsware, etwa Kulinarisches aus der Region, selbst geschneiderte Bekleidung und ähnliches, sich den Einbau nicht mehr antun, und stattdessen zusperren. Und das wäre schade.

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Heinz Duschanek
Heinz Duschanek

Heinz Duschanek hat 2003 die Online-Marketing Agentur E-Werkstatt gegründet. Da er vorher auch beim Radio gearbeitet hatte (Radio CD International, Ö1, Ö3), freut er sich jetzt ganz besonders über die Richtung, die das Online-Marketing nimmt. Denn das liefert einen Vorwand dafür, viele elektrischen Geräte und Gadgets rund um Audio und Video anzuschaffen.

Daneben interessiert sich Heinz auch für Tango Argentino, Lindy Hop, Wing-Tsun, Boxen, (Jazz-/Blues-)Gitarre. Und er betreibt den Podcast "Cabeceo - Gespräche über den Tango Argentino" (cabeceo.at) sowie den Onlineshop shop.cabeceo.at.

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