Roboter saugt Website Inhalte ein

GEO ist das neue SEO?

4 überraschende Thesen, die Ihre Strategie für 2026 verändern werden.

Inhaltsverzeichnis

Die Marketing-Welt schwirrt vor neuen Abkürzungen: GEO, LLMO, AEO, GAIO (Sammelbegriffe für die Optimierung für KI-Antworten). Inmitten dieser Flut von Akronymen stellt sich eine zentrale Frage: Wird die traditionelle Suchmaschinenoptimierung (SEO) damit obsolet? Viele Marketer sind verunsichert und fragen sich, worauf sie ihre Strategie ausrichten sollen.

Dieser Artikel trennt den Hype von der Realität. Anstatt Sie mit noch mehr Fachjargon zu überfordern, präsentieren wir vier überraschende und wirkungsvolle Erkenntnisse aus der aktuellen Debatte. Dies sind die Fakten, die Ihre Strategie für 2026 wirklich verändern werden.

1. Das SEO Spiel hat neue Regeln

Das zentrale Argument zuerst: Eine solide SEO-Grundlage bleibt unerlässlich. Hochwertiger Content, nachgewiesene Expertise (E-E-A-T – Experience, Expertise, Authoritativeness, Trustworthiness) und eine technisch saubere Website sind die Grundvoraussetzungen, um überhaupt in KI-Systemen sichtbar zu werden. Ohne diese Basis werden Sie weder in der klassischen Google-Suche noch in einer KI-Antwort eine Rolle spielen.

Der überraschende Kontrapunkt ist jedoch, dass sich die Ziele und Erfolgssignale fundamental geändert haben. Dies ist nicht nur eine Evolution, sondern ein Wandel im ökonomischen Modell der Suche – weg von einer „Click Economy“ hin zu einer „Visibility Economy“. Während die Grundlage die gleiche bleibt, verschiebt sich der Fokus weg vom reinen Klick auf die eigene Website hin zur direkten Integration in die Antwort einer KI. Die Spielregeln haben sich weiterentwickelt:

AspektTraditionelles SEOGenerative Engine Optimization (GEO)
Primäres ZielKlicks auf die eigene Website generierenErwähnung/Zitat in der KI-Antwort werden
Wichtigstes SignalBacklinks (Hyperlinks)Markennennungen im relevanten Kontext (Co-Occurrence)
ErfolgsmetrikRanking-Position, TrafficNennungsrate, »Share of Voice« in KI-Antworten

Es geht nicht mehr nur darum, eine Liste von Links anzuführen. Das neue Ziel ist es, Teil der Antwort zu werden.

Jahrzehntelang war der Backlink die Währung der SEO-Welt. Googles PageRank-Algorithmus basierte auf der Idee, dass jeder Link eine Art Empfehlung oder »Stimme« für die Autorität einer Seite ist. Diese Logik hat das digitale Marketing tief geprägt.

Large Language Models (LLMs), die Technologie hinter KI-Suchsystemen, funktionieren anders. Sie lernen Autorität nicht primär durch Hyperlinks, sondern aus Textmustern. Wenn Ihr Markenname häufig zusammen (Co-Occurrence) mit relevanten Fachthemen auf vertrauenswürdigen Websites auftaucht, baut das auch ohne einen einzigen klickbaren Link Autorität auf. Dies ist die maschinelle Interpretation von Autorität und Vertrauen (E-E-A-T), die nicht mehr auf einen Link-Graphen angewiesen ist, sondern auf dem semantischen Netz des gesamten Internets basiert. Das Modell lernt, dass Ihre Marke eine relevante Entität in diesem Themenbereich ist. Dies erfordert ein fundamentales Umdenken von Marketern.

Gianluca Fiorelli, ein anerkannter SEO-Experte, fasst diesen Wandel in seinem Artikel A guide to Semantics or how to be visible both in Search and LLMs. prägnant zusammen:

„Markennennungen sind jetzt nicht deshalb wichtig, weil sie die ‚Autorität‘ direkt erhöhen, sondern weil sie die Position der Marke als Entität innerhalb des breiteren semantischen Netzwerks stärken.“

Gianluca Fiorelli

Okay, den Satz muss man vermutlich mehrfach lesen und sickern lassen.

3. Ihre eigene Website ist nicht mehr Ihr wichtigstes Kapital

In der traditionellen SEO-Welt war die eigene Website das Zentrum des Universums. Alle Anstrengungen – Content, Technik, Linkaufbau – zielten darauf ab, diesen einen digitalen Ort zu stärken und Traffic dorthin zu leiten.

Die kontra-intuitive Erkenntnis für GEO lautet: Die meisten Markennennungen in KI-Antworten stammen nicht von Ihrer eigenen Website, sondern von Drittanbieter-Plattformen. KI-Systeme synthetisieren ihre Antworten aus einer Vielzahl von Quellen, um eine vertrauenswürdige und ausgewogene Antwort zu generieren. Die wichtigsten Quellentypen sind:

  • Branchen-Rankings und „Best-of“-Listen
  • Review-Plattformen und Kundenrezensionen
  • Fachartikel und Pressemitteilungen (Digital PR)
  • Diskussionsforen wie Reddit und Quora

Eine starke Präsenz auf diesen externen Plattformen ist oft wirkungsvoller als die alleinige Optimierung der eigenen Inhalte. Diese externen Plattformen sind für eine KI wertvoller, da sie als unabhängige Bestätigung Ihrer Relevanz und Qualität dienen – ein Signal, das Ihre eigene Website per Definition nicht senden kann. Das bedeutet: Ihre digitale Autorität wird nicht mehr nur auf Ihrem eigenen Grundstück gebaut, sondern im gesamten digitalen Ökosystem. Digital PR und Community Management sind keine unterstützenden Taktiken mehr, sondern Kernkompetenzen für die Sichtbarkeit von morgen.

4. Der KI-Traffic ist winzig, aber extrem wertvoll

Bevor wir in Euphorie verfallen, sollten wir die aktuellen Zahlen einordnen und realistische Erwartungen setzen. Die Fakten sind eindeutig:

  • Traffic von LLMs wie ChatGPT macht derzeit oft weniger als 1 % des gesamten Website-Traffics aus.
  • Google verarbeitet rund 373-mal mehr Suchanfragen pro Tag als ChatGPT.

Auf den ersten Blick scheint der Aufwand für GEO also kaum gerechtfertigt. Doch hier kommt die überraschende Kehrseite: Dieser geringe Traffic-Anteil kann überproportional wertvoll sein. Nutzer, die über eine KI-Empfehlung auf eine Seite kommen, haben oft eine deutlich höhere Kauf- oder Handlungsabsicht.

Zwei Datenpunkte untermauern dies eindrucksvoll:

  • Höheres Engagement: Nutzer, die über LLMs kommen, zeigen oft eine deutlich längere Sitzungsdauer. Eine Analyse ergab eine durchschnittliche Sitzungsdauer von 10,4 Minuten im Vergleich zu 8,1 Minuten bei Traffic von Google.
  • Bessere Konversionsraten: Eine Fallstudie von Ahrefs zeigte, dass 0,5 % der Besucher von KI-Quellen für 12,1 % der Anmeldungen verantwortlich waren. Das entspricht einer 23-mal höheren Konversionsrate.

Bei GEO geht es also weniger um Quantität als um Qualität. Sie erreichen weniger Nutzer, aber dafür genau die, die durch die KI bereits vorqualifiziert wurden und mit einer konkreten Handlungs- oder Kaufabsicht auf Ihre Seite kommen.

Es gibt neue KPIs für Ihr Business-Dashboard

Die Erfolgsmessung im Zeitalter der generativen KI erfordert ein komplettes Umdenken. Das traditionelle Verfolgen von Keyword-Rankings auf Position 1 bis 100 ist in einer Welt, die aus konversationellen Antworten statt aus Listen von Links besteht, obsolet.

Marketer müssen sich von alten Gewissheiten verabschieden und neue Key Performance Indicators (KPIs) etablieren, um ihre Sichtbarkeit zu messen. Die relevanten Metriken sind nicht mehr Positionen, sondern Präsenz und Anteil an der Antwort.

  • AI Mentions / Citation Rate: Wie oft wird Ihre Marke, Ihr Produkt oder Ihr Inhalt in einer KI-Antwort als Quelle oder Empfehlung genannt?
  • Share of Voice in AI Responses: Wie hoch ist Ihr prozentualer Anteil an den Nennungen für ein bestimmtes Thema oder eine bestimmte Anfrage im Vergleich zum Wettbewerb?
  • Content Prominence: An welcher Stelle in der Antwort erscheint Ihre Nennung? Eine Erwähnung am Anfang signalisiert eine höhere Relevanz als eine am Ende der Antwort.
  • Referral Traffic from Generative Engines: Wie viele Nutzer klicken tatsächlich auf die in den KI-Antworten bereitgestellten Quellenlinks und gelangen auf Ihre Seite?

Eine zusätzliche Herausforderung bleibt: Das Volumen von Prompts (die Anfragen an eine KI) ist im Gegensatz zu Suchvolumina bei Google eine „Black Box“. Es gibt keine öffentlichen Daten darüber, wie oft bestimmte Fragen gestellt werden. Dennoch müssen Marketer ihre Analyse-Tools und ihr strategisches Denken an diese neue „Visibility-Ökonomie“ anpassen.

Das Unternehmen OpenAI hat im September 2025 veröffentlicht, wie deren KI-Plattform ChatGPT aktuell genutzt wird. Während sich die Anfragen im Sommer 2024 noch etwa gleichmäßig auf berufliche und private Themen verteilten, hat sich der Fokus klar ins Private verschoben. Die Studie zeigt, dass im Juni 2025 nichtberufliche Anfragen bereits 73 Prozent aller Interaktionen ausmachten. Auf dem ersten Platz steht die »praktische Anleitung« mit 28,3 Prozent, dicht gefolgt von der Kategorie »Schreiben« mit 28,1 Prozent. Zusammen machen diese beiden Anwendungsfälle über 56 Prozent der gesamten Nutzung aus. 

Der Nutzungsfall »Informationssuche« ist innerhalb nur eines Jahres von 14 auf beeindruckende 24 Prozent gestiegen. Damit ist dies die am drittstärksten genutzte Kategorie, direkt nach praktischen Anleitungen und Schreibhilfe.

Während Nutzer Informationen und Ratschläge sowohl über herkömmliche Web-Suchmaschinen als auch über ChatGPT einholen können, unterscheidet sich generative KI von bestehenden Technologien durch ihre Fähigkeit, Texte, Software-Codes, Tabellenkalkulationen und andere digitale Produkte zu erstellen. Es geht also nicht mehr nur darum, eine Liste von Links zu erhalten, sondern darum, direkt eine synthetisierte Antwort oder ein fertiges digitales Produkt zu generieren. Dies verändert die Art und Weise, wie wir Informationen suchen, verarbeiten und anwenden.

Fazit

SEO ist nicht tot, es bildet das Fundament für die nächste Evolutionsstufe der digitalen Sichtbarkeit. GEO ist eine neue strategische Ebene, die auf Markenautorität im gesamten Web statt nur auf der eigenen Seite abzielt. Es geht um semantische Relevanz, vertrauenswürdige Erwähnungen und die Präsenz in den Quellen, aus denen eine KI ihre Antworten schöpft.

Die KI-gestützte Suche ist eine Evolution, keine Revolution. Sie stellt die Grundpfeiler von gutem Marketing – Autorität, Vertrauen und echten Mehrwert für den Nutzer – nicht infrage, sondern verstärkt deren Bedeutung. Die strategische Ausrichtung und die Messung des Erfolgs müssen sich jedoch anpassen. Der Fokus verschiebt sich von der reinen Klick-Generierung hin zur Etablierung als unverzichtbarer Teil der Antwort.

Die entscheidende Frage ist also nicht mehr nur:

›Wie bekomme ich Klicks?‹

sondern:

›Wie werde ich zur vertrauenswürdigen Quelle, die eine KI zitieren möchte?‹

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Heinz Duschanek
Heinz Duschanek

Heinz Duschanek hat 2003 die Online-Marketing Agentur E-Werkstatt gegründet. Da er vorher auch beim Radio gearbeitet hatte (Radio CD International, Ö1, Ö3), freut er sich jetzt ganz besonders über die Richtung, die das Online-Marketing nimmt. Denn das liefert einen Vorwand dafür, viele elektrischen Geräte und Gadgets rund um Audio und Video anzuschaffen.

Daneben interessiert sich Heinz auch für Tango Argentino, Lindy Hop, Wing-Tsun, Boxen, (Jazz-/Blues-)Gitarre. Und er betreibt den Podcast "Cabeceo - Gespräche über den Tango Argentino" (cabeceo.at) sowie den Onlineshop shop.cabeceo.at.

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